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Presse

Von Anja Musick

In der Erfthalle wurde ein echter Heimatfilm gezeigt

Sicher kennen viele die Situation von früher: Der Projektor knattert im abgedunkelten Wohnzimmer. Super-8-Filme flirren. Die DVD „Ein Dorf namens Heimat“ wurde in der Erfthalle uraufgeführt.

Papas bemühte Stimme kommentiert die Ereignisse. Mal werden alle sentimental, wenn die vor Jahren verstorbene Oma in die Kamera winkt. Dann wird wieder gelacht, wenn Klein-Fritzchen, mittlerweile längst Generaldirektor, als rotznäsiger Dreikäsehoch auf den Windelpo fällt.
So ähnlich ging es in der Erfthalle zu. Der Unterschied: Nicht die Familie klebte mit den Blicken an der Leinwand, sondern 500 Menschen. Die aber feierten genauso enthusiastisch das Wiedersehen mit alten Ansichten ihrer Heimatdörfer Balkhausen, Brüggen und Türnich.

Zu Tränen gerührt
In mühevoller Kleinarbeit hat Brauchtumsforscher Reinold Louis altes Filmmaterial und historische Fotodokumente zusammengefügt. Hauptsächlich lieferten Josef und Elisabeth Granderath Material aus den Jahren 1957 bis 1959. Die Granderaths betrieben ein Kino, filmten Feste, Menschen, Ereignisse und zeigten die Ergebnisse sporadisch bei der „Türnicher Heimatschau“.
Entstanden ist die über drei Stunden lange DVD „Ein Dorf namens Heimat“. Eine liebevolle Retrospektive hat Louis da produziert, eine ausdrucksstarke Milieustudie in Schwarz und Weiß, die so manchem Zuschauer bei der Uraufführung Tränen der Rührung in die Augen trieb.
Was sich in der Halle abspielte, war in der Tat filmreif. Immer wieder ging ein Raunen durch die Menge. Die zumeist älteren Menschen im Publikum kommentierten selig das Gesehene, erkannten alte Freunde und Nachbarn wieder, seufzten ergriffen, wenn Straßenzüge und Häuser ins Bild kamen, die den Braunkohlebaggern weichen mussten. Die geradezu euphorischen Reaktionen zauberten Reinold Louis immer wieder ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht. „Ich habe meine Mutter entdeckt“, erzählte etwa die 72-jährige Marlene Becker. Auf einem Bild, das die Schulspeisung in den letzten Kriegsjahren zeigt, war Anna Hauser zu sehen. „Meine Mama hat da mitgeholfen. Wir haben damals in Alt-Balkhausen gewohnt und wurden später umgesiedelt.“ Auch Marianne Schommer erkannte ihren Mann „Schorsch“. Beim Maifest und im Karneval sei er aktiv gewesen.

Und Reinold Louis? Der konnte die enorme Resonanz auf seinen Film irgendwie nicht recht fassen. Noch einmal so viele Menschen hätten ihn eigentlich sehen wollen, doch für die seien keine Karten mehr da gewesen.
Der Film „Ein Dorf namens Heimat“ ist in der Buchhandlung von Margarete Sander in Türnich erhältlich.

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1.12.2008